Die
Stille gehört zum Bild, wie das Einatmen zum Ausatmen. In der Stille
müssen wir wieder heimisch werden, wenn wir zu bewussterem Sehen und
Wahrnehmen kommen wollen.
Benedikt Werner Traut

Wenn es nur einmal so ganz stille wäre.
Wenn das Zufällige und Ungefähre
verstummte und das nachbarliche Lachen,
wenn das Geräusch, das meine Sinne machen,
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen –:Dann könnte ich in einem tausendfachen Gedanken
bis an deinen Rand dich denken
und dich besitzen (nur ein Lächeln lang),
um dich an alles Leben zu verschenken
wie einen Dank.
Rainer Maria Rilke
Zur Stille
- persönliche Gedanken -
Mark Rothko sagte einmal "….... Es wäre schön, wenn man überall im Lande Orte einrichten könnte, ähnlich kleinen Kapellen, in denen ein Reisender oder Wanderer eine Zeit lang über ein einziges, in einem kleinen Raum hängendes Bild meditieren könnte." Ja, so möchte auch ich es mir vorstellen: dass auf einem langen Pilgerpfad durch unser Land (oder anderswo) kleine Kapellen stehen, mit einem Kunstwerk, welches den Betrachter zur Ruhe, zur Meditation anregt, den Wanderer in der Rast Stille atmen lässt. Ich stelle mir einen kleinen Raum vor, leicht abgedunkelt, einige Stühle stehen bereit, oder Bänke, sonst aber nichts. Es könnte die Kapellen Stationen auf einer Pilgerstrecke sein - ähnlich dem Jakobsweg, doch nicht das Ziel. Jede Etappe ist bedeutungsvoll und ruft zur Einkehr in den, aus dem Bild belebten, wortlosen Raum auf, in dem das Schweigen das Wort hat. Die Sprache des Schweigens ist die Stille! Mark Rothkos Bilder passen nicht in laute Ausstellungsräume und auch meine Bilder möchte ich gerne in Räumen der Stille sehen, wo nichts ist außer Stille. Die Hüllen des Alltags fallen, auch die innere Stimme beginnt zu schweigen, nichts Äußeres lenkt ab, alles ist Reduktion. Stille ist! Stille, die uns zur inneren Kraft führt, die wir konzentriert in uns tragen, doch so selten spüren und ergreifen. Erst wenn Schweigen ist, öffnet sich ein neuer Raum. Es ist aber nicht erst dann Stille, wenn nichts mehr ist, wenn sich alles Laute und Ablenkende aus dem Äußeren und Inneren weitgehend zurückgezogen hat, wenn alles geschwunden ist. Stille kann auch sein durch unser Mitwirken. Stille ist nicht nur passive Reduktion, sie kann aktiv sein. Wir können die Stille schöpferisch gestalten und versuchen Werke zu schaffen, die zur Stille führen, die dem Auge nichts bieten (und gerade deshalb viel sind) außer einem weiten offenen Raum, eine stark " beseelte " Leere. Man spürt Kraft, Licht,....., man hört im Sehen unhörbares, man sieht im Hören unsehbares. Stille, kann schöpferisch sein - schöpferisch gestaltet die Stille aus dem Nichts ein Sein. Nichts ist, als Stille und Stille ist alles. Welch glückliche Verfügung, wenn es uns gelingt Werke zu schaffen, die uns zur Stille führen, aus denen der Betrachter hörend Beruhigung, aus der Beruhigung Wesentliches, aus dem Wesentlichen Heilung erfährt. Wir wandern von Kapelle zu Kapelle auf unseren Pilgerzug und erfahren Heilung, sind beruhigter Atem, legen ab die Wunden. Ich stelle mir die Kapelle vor, mit einem einzigen Bild, welches die Seele greifen kann, oder einen Lichtraum, gleich den Lichträumen von James Turell - es klingt vielleicht auch ein Ton, ein regelmäßiger Wassertropfen, das Rauschen eines Baches, ein leises Lied, ein Gedicht.... ja, es könnten auch Bild, Ton und Wort gemeinsam sprechen oder singen - so möchte ich es mir vorstellen! Auf dem Weg von Kapelle zu Kapelle finden wir in der Natur die Stille: nur das Wehen des Windes, ein rauschendes Gewässer, Vogelstimmen...... Wir finden Stille in der Nacht. In der Nacht, wenn alle Töne eingeatmet sind, begegnet uns eine Stille, wie sie sonst nie ist im Tagesgeschehen, eine Stille, wo etwas sein kann, was uns innerlich mächtig ergreift, eine unsichtbar lebendige Kraft. Wir finden Stille, wenn wir auf dem Berg sind, wenn wir einen Gipfel erstiegen haben und sich der Blick erfüllend über die Weite der Landschaft bewegt. Auch da ist Stille! Wir sind anwesend in Demut, in unserem Erstaunen über die Schönheit und Größe der Welt, über das Unfassbare in einem Moment, der uns ganz mit dem Sein der göttlichen Schöpfung vereinigt. Dann können wir im Erleben des erhabenen Moments Stille erfahren. Wir finden Stille am Meer, am weiten Strand der Eins wird mit der großen Weite des Meeres und des Himmels - nichts ist da, als das rhythmische Rauschen des Meeres, es klingt und dennoch ist Ruhe, Ruhe, die zur Stille reift, und wächst, wenn die Größe der Landschaft sich verbindet mit der Größe des Sternenhimmels. Alles klingt, wenn die Sterne in die Seele fallen und im Innenraum Stille erklingt. Spüren wir jetzt die Anwesenheit von Gott? Es ist nicht der Lärm von Außen, der uns die Stille nimmt. Meist ist es der eigene Lärm, das Laute in unserem Inneren, geschwätzige Stimmen, die dem Schweigen so fern sind, die uns von der Stille entfernen. Wir können in uns den Stille finden. Wenn es keine Pilgerwege gibt, mit Kapellen, die uns zum Verweilen der Stille einladen - dann können wir die Kapellen in uns selbst errichten, und uns selbst besuchen, in uns wahrnehmen das eigene innere Bild, den eigenen Ton und über uns selbst oder aus uns selbst zur Stille finden. Aus einer solchen Stille können wir unsere Werke schaffen. Wir können Kunstwerke schaffen die Stille sind. Und Stille geben!
Stefan Bohl
Weg
zur Stille
Müde vom Lärm
schaue ich nach Innen,
halte Einkehr,
begebe
mich
auf den
Weg
zur Stille
immer weiter
zur Stille
bis der Stille Stimme
lautlos klingt
wortlos spricht
Stefan Bohl
Die Erde schweige
Bei deinen Hymnen,
Bei deinen Gebeten.
Voll Ehrfurcht schweige
Alles, was Kosmos ist,
Deine Werke, oh Vater:
Schweigen soll
Das Wehen der Winde,
Das Rauschen der Bäume,
Der Sang der Vögel;
Still soll der Äther,
Still soll die Luft
Lauschen dem Sang.
Das Rauschen der Wasser
Stehe schweigend still
Unter der Erde.
Synesios von Kyrene
Aus „Der andere Name“
von Jon Fosse *
Meine wahrhaftigsten Gebete, die Stille in der Kunst….......ja das einzige, was ich nach all der Zeit so ungefähr kann, ist Bilder malen, und wenn ich meinen Lebensunterhalt verdienen will, dann muss ich malen, und das ist sowohl gut als auch schlecht, aber dabei muss ich bleiben, ja ich muss ein Bild nach dem anderen malen, das jedenfalls, und wenn ich nicht male, sitze ich oft stundenlang da und starre ins Leere, ins Nichts, ja ich kann lange Zeit da sitzen und vor mich hinstarren ins Leere, ins Nichts, und es ist wohl so, das aus dem Leeren, dem Nichts, etwas kommen kann, als ob aus dem Nichts etwas Wirkliches kommen könnte, es kann etwas kommen, dass viel zu besagen hat, und was da gesagt wird, kann zu einem Bild werden, oder ich sitze nur da und schaue leer vor mich hin und werde einfach ganz leer und werde ganz still und diese leere Stille nenne ich immer meine wahrhaftigsten Gebete, ja dann ist Gott am nächsten, denn in der Stille ist Gott zu hören und im Unsichtbaren ist er zu sehen........ aber trotzdem sind diese Momente, in denen ich ins Leere blicke, ins Nichts, und ganz leer werde, ganz still werde, meine wahrhaftigsten Gebete, und wenn ich erst in diese leere Stille komme, dann kann ich lange dort bleiben, lange Zeit über kann ich so da sitzen und ich bemerke nicht einmal, dass ich da sitze, ich sitze nur da und blicke ins Leere, ins Nichts, ich weiß nicht wie lange, aber lange, lange kann ich so dasitzen, und diese stillen Stunden, glaube ich, verwandeln sich in den Gemälden zu Licht, zu Licht, das im Dunkeln deutlich wird, ja das zu leuchtendem Dunkel wird, ich weiß nicht, aber es kommt vor, dass ich denke oder hoffe, dass es so sein mag, ..... * Seite 285
Das ewige Wort wird
nur in der Stille laut.
Meister Eckhart

Schweigen
heißt
der Stille lauschen,
ihre leisen Töne sammeln
und zum Lied sie
fügen.
Und unmerklich nähert Außen
sich dem
Innen,
schmelzen sie zu einem.
Dieses eine ist s, aus dem
das Klingen tiefer Stille dringt.
Eins im Ganzen, ganz im
Einen
bist Du's, der da singt
und spricht
im
Schweigen.
Judith Magdalena Kornev - Rietmann
Entrückt
ins Nirgendwo
ist alle Ferne,
und
schimmernd weißes Schweigen fällt,
als sei im Reich einsamer
Sterne
ein Stern zersplittert, fiele auf die Welt.
Hier
liegt es, dieses Licht und strahlt
und macht die Nächte seltsam
hell
Auf Straßen, Häuserwänden malt
es eine Stille, wie
sie dort, von wo es viel,
die Sterne hütet - groß und hell.
Judith Magdalena Kornev - Rietmann
Aus „Der Wald und der Fluss“von Karl Ove Knausgard, Über Anselm Kiefer und seine Kunst,
Aschenblume – zu dem Gedicht von Paul Celan.
Bei einer Retrospektive 2014 in London
„Lange stand ich für einen der größten Gemälde der Ausstellung. Es hieß „Aschenblume“ und war dem Dichter Paul Celan gewidmet. Es war gigantisch. Annähernd 8 m breit und 4 m hoch, und es war schlicht, es zeigte ein teilweise schneebedecktes Feld unter einem grauschwarzen Himmel. Mehrere große schwarze verbrannte Bücher aus Blei waren an der Leinwand befestigt, und unten waren entlang der rechten Seite einige Wörter gekritzelt,d ie offenbar aus dem Gedicht vonCelan stammten. Das Bild ließ sich ja vielfältigerweise verstehen, aber als ich es dort betrachtete, spielten Interpretationen keine Rolle. Da ging es nur um die Gefühle, mit denen es mich erfüllte. Es ging mir nicht so, als sähe ich ein Bild von mir, es war viel mehr, als würde das Bild mich umschließen und mit seiner Stimmung ausfüllen, der ich mich unmöglich erwehren konnte. Den anderen Besuchern, die den Raum betraten und sich vor das Bild stellten, schien genauso zu gehen, denn sie wurden alle still, als wären sie plötzlich an einen anderen Ort, in ihrem Inneren, versetzt worden. Wir befanden uns mitten in einer Millionenstadt, ihre Geräusche wirbelten mahlstromartig Tag und Nacht, Autos hupen, Motorräder heulten auf, Metall ertönte, Menschen riefen, Sirenen erschallten, an und abschwellend, unter dem Himmel, doch vor diesem Bild hörte das alles auf, es schien die Welt beiseite zu schieben und seine eigene zu schaffen. Darin lag eine große Kraft. Es war die Kraft der Kunst, dass, was sie zu leisten vermochte. Etwas anderes gegenwärtig werden zu lassen. Was lies dieses Bild gegenwärtig werden? Das Gefühl, die Welt zu sehen, wie sie ohne eine andere ist. Das Gefühl, die Existenz an sich zu sehen. Das Gefühl, die Welt zu sehen, wenn man selbst nicht mehr in mir ist. Aber auch den Holcaust-..........Als stimmten Kiefers Bilder die Zuschauer auf einen Ernst ein, den wir alle kennen, aber nur selten zum Zug kommen lassen, einen Ernst, der manchmal von Feierlichkeit geprägt ist, bei anderen Gelegenheiten aber fürchterlich ist. „

Weiß ist die Stille
Weiß ist die Stille
die Stille ist weiß
wie die letzte Seite
im Buch meine Tage
wie die Botschaft
in der unsichtbaren
Geheimschrift
wie Schneeglöckchen im
Märzenwind
wie das nordische
Wollgras
auf Einsamkeitswiesen
und wie die vielen
ungeliebten
Stunden und Jahre
Stumm
ist die Stille
die Stille ist stumm
wie das dämmrige Zimmer
und die Münder der
Fische
wie der Tau am
Herbstmorgen
wie das Niederschlagen
der Augen
und wie die lautlosen
wachen Nächte
Weiß
und stumm ist die Stille
samten und leicht
legt sich um mich wie
ein Mantel
damit ich nicht
an all euren Wörtern
erfriere
Ingrid Haushofer
Im leeren Zimmer
tickt die Stille
Vor meinem Fenster
die Wolke
am unwirklichen
Märzhimmel
Wohin
soll sie ziehen?
Hier singt die Amsel
jetzt
und die Nacht holt sie
ein
Der Hund schläft
Die Stille tickt
Von meiner Stirne
tropft Schweigen
Träume rieseln
aus meinem weißen
Kinderhaar.
Das Leben
lebt sich
ohne mich.
Ingrid Haushofer

Stille
Es gibt die Stille des Todes. Wenn wir uns für die Stille des Todes entscheiden, entscheiden wir uns gegen das Leben. Es ist ein Verstummen im Hier vor dem Erwachen Dort. Wir können uns aber auch fragen: wie finden wir die Stille im Leben. Wie finden wir über die Stille im Leben zu dem, was wir sonst erst im Tod erfahren? Wie finden wir über die Stille im Leben den Zugang zur geistigen Welt? Wenn wir uns den äußeren Klängen entziehen, finden wir eine Stille, haben aber die Stille noch nicht gefunden. Die äußere Stille kann uns einen Raum der Stille schaffen; einen Raum, der uns in Stille hält - eine Stille, die Energie ist - und uns den Boden fruchtbar und kräftig macht, aus dem der Same der inneren Stille in uns Gestalt annehmen kann. Wir finden zur Stille, wenn wir aus eigener Kraft, die Unruhe in uns besänftigen,............................ zum Schweigen bringen.................dass das Schweigen in uns zu Stille wird. Wenn das Schweigen in uns zur Stille wird, wenn die Stimmen der Gedanken in uns zur Ruhe finden, und in der Ruhe das Schweigen sich frei im Hören hingeben kann, nähern wir uns der Stille, aus der in uns die Stimme hörbar wird, und über das Hören sichtbar - die Stimme, die immer mit uns ist. Die Stille im Leben ist nicht der Tod, ist nicht das Ende.
Die Stille im Leben ist ein Anfang.
Die Stille im Leben ist keine Untätigkeit.
Sie ist schaffend!
Sie ist schöpferisch!
Sie schöpft aus dem Quell, der uns schon immer nährt.
Wir sind im absoluten Schweigen; wir sind im schöpferischen Schweigen; wir sind im Raum erfüllenden Schweigen.
Stille ist Energie - schöpferische Energie, ist Quell und bewegte Kraft des Werdenden.
Der Klang der Stille ist mehr als Lautlosigkeit, ist mehr als die Ruhe des Wortes, ist mehr als das Schweigen unserer Stimme.
Der Klang der Stille ist das schöpferische Wort.
Das Wesen des schöpferischen Wortes erklingt uns im Prolog des Johannesevangeliums.
In der Stille finden wir uns am Anfang unseres Seins.
An dem Quell des Ursprungs.
Doch ist der Ursprung nichts unerreichbar Entferntes. Es ist der Ursprung, es ist jeder Quell, ein immerfort fließendes, eine immer wieder neu sprießende, hervorquellende Energie, die jetzt!, und immer wieder jetzt!, stattfindet, und nicht in irgendeiner vergangenen oder kommenden Zeit.
Jetzt! aus der Kraft der Stille! Jetzt! können wir unsere kreativen Energien in das Leben hineinfließen lassen. Wir können das Leben leben, bewegt, wie der Fluss, der aus der Quelle kommt und zum Meer hinfließt, der Landschaften berührt, durchpulst, nährt und gesund erhält. Der Klang der Stille ist das schöpferische Wort!
Das schöpferische Wort möchte sich zeigen. In dem wir kreativ aus uns schöpfen, können wir zart anklingen und offenbar werden lassen, was aus dem Wort entspringt.
Ich suche das Künstlerische!
Ich möchte ausdrücken, was in mir brennt, wofür ich keine Worte finde.
Ich möchte mich ausdrücken auf dem Weg der Stille, über die Sprache der Kunst: ich möchte mich ausdrücken im Bild!
Ich suche die Stille im Schaffen; ich suche die Stille im Bild.
Auf dass das Bild ein Tor zur Stille werde, ein Tor über welches der Betrachter eintreten kann, wenn er sich innerlich offen hält, dem, was das Bild zu ihm spricht.....
Die Stille der Erde, finden wir im Schweigen des ewigen Eises, finden wir in der Weite der Wüste.
Der Klang ist auf der Oberfläche des bewegten Meeres, im Rauschen des Meeres, im Ton des wehenden Windes.
Die Stille liegt in der Tiefe des Meeres.
Der Klang des Kosmos liegt offen vor und in uns, in der Weite des Sternenhimmels, nächtlich beruhigt, die Seele in Hingabe gehüllt: es sprechen die Sterne! Die Sterne sprechen in die Seele.
Und ich erwache in der Stille.
So sind wir auch selbst, wie auf der Oberfläche des vom Wind bewegten Meeres, in den Klängen des äußeren Lebens. Doch wir sind auch die stille Tiefe des Meeres; sind auch die Stimme aus der Weite des Kosmos. Die Tiefe, die Weite ist uns nicht fern, sondern unmittelbar in uns. Was in uns ist, können wir finden …............. in der Stille!
Stefan Bohl
Wenn ich in der Natur
bin, bin ich nie alleine, ich habe gelernt der Stille zuzuhören.
Meister
Eckhart
Immer stiller
bis an die Grenze des
Schweigens
immer stiller
vor dem Unendlichen
immer stiller.
Tiefer sehen
bis auf den Grund des
Seins. Tiefer sehen
bis zum Einssein mit
allem.
Tiefer sehen
bis
die Teile zum Ganzen werden.
Benedikt Werner Traut aus Verweilen im Sein
Durchgang
Leben
ist Aufbruch und Abschied,
Durchgang
und Übergang,
Suche
nach Ursprung und Ziel,
Frage
nach Woher und Wohin,
Hunger
nach Brot und Schönheit.
Wir
gehen durch Tore
von
einem Raum zum anderen,
zu
immer neuen Anfängen.
Wir
sind auf der Brücke
von
einem Ufer zum anderen.
Sehnsucht
lässt uns weiterziehen,
einen
Weg durch die Fremde.
Jeder
Schritt wagt den Fall.
Wir
müssen bleiben
und
die Vergänglichkeit aushalten.
Wir
kommen aus der Stille
unvordenkliche
Zeiten,
wir
werden zurückkehren
in
eine Stille
unvorstellbarer
Dauer.
Wir
bewegen uns
von
Geheimnis zu Geheimnis,
von
Staub zu Staub,
von
Unbekanntem
ins
Unbekannte,
In
die Stille,
in schweigende Räume
der Unendlichkeit,
in die
Ewigkeit.
Was
bleibt, ist die Stille
Es sind die leisen Töne
die ich liebe,
das Ticken der Uhr,
das Rauschen der
Blätter,
das Gurren der Tauben,
das Rufen des Kuckucks,
das Summen der Bienen,
was bleibt, ist die
Stille,
das Plätschern des
Baches,
das Schweigen der Berge,
das Singen der Vögel,
das Klopfen des Spechtes
jede Stunde
hat ihren Klang
jeder Augenblick
sein Echo,
seinen Nachhall.
Die Stille
öffnet die Zeit
in die Ewigkeit,
in die Begegnung
mit Gott.
Was bleibt,
ist die Stille.
Benedikt Werner Traut aus Kreise um die Mitte Stille ist ist nicht einfach nur die Abwesenheit von Klängen und Bewegungen. Ich kann am Meer stehen, dass laut und in Bewegung ist, und dennoch Stille erleben. Es ist die Abwesenheit des Tönens und Sprechens in mir, was ich als Stille erfahre. Meine innere Lautstärke kann sehr tosend sein, lauter als jedes Tosen des Meeres. Oder: Ich kann am Meer stehen und, innerlich ergriffen von der Weite der Landschaft, von der Allmacht des Sternenhimmels, zur Ruhe kommen und einen Hauch von Stille erfahren. Ich kann erleben, wie sich die Weite der Landschaft, die Unendlichkeit des Nachthimmels in mich hinein fortsetzt und in mir zur Landschaft, in mir zum Sternenhimmel wird. Und dann....................wie ein göttliches Geschenk............erfahre ich Stille. Auch wenn unmittelbar neben mir das Meer rauscht - Stille in mir
Stefan Bohl
Hörst
du Geliebte, ich hebe die Hände -
hörst du: es rauscht...
Welche Gebärde der Einsamen fände
sich nicht von vielen
Dingen belauscht?
Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider
und auch das ist Geräusch bis zu dir.
Hörst du, Geliebte,
ich hebe sie wieder......
... aber warum bist du nicht hier.
Der
Abdruck meiner kleinsten Bewegung
bleibt in der seidenen Stille
sichtbar;
unvernichtbar drückt die geringste Erregung
in den
gespannten Vorhang der Ferne sich ein.
Auf meinen Atemzügen
heben und senken
die Sterne sich.
Zu meinen Lippen kommen die
Düfte zur Tränke,
und ich erkenne die Handgelenke
entfernter
Engel.
Nur die ich denke: Dich
seh ich nicht.
Rainer Maria Rilke Das Buch der Bilder
Stille
Hörst
du in der Ferne den Hund hin? Oder das Auto, das vorbeifährt,
lausche aufmerksam. Kannst du darin die Gegenwart des Unmanifesten
spüren? Nein? Suche es in der Stille, aus der die Geräusche kommen
und zu der sie zurückkehren. Achte mehr auf die Stille als auf die
Worte. Wenn du auf die äußere Stelle achtest, erschaffst du innere
Stille: der Verstand wird ruhig. Ein Portal öffnet sich.
Jeder
Ton wird aus der Stille geboren, stirbt zurück in die Stille und ist
während seiner Lebensspanne von Stille umgeben Stille ermöglicht
dem Ton das Sein. Sie ist der Unmanifeste Anteil, der jedem Geräusch
zutiefst angehört, jede Note, jedem Lied, jedem Wort. Das
Unmanifeste ist in dieser Welt als Stille gegenwärtig. Nichts in
dieser Welt, so wurde gesagt, gleicht Gott so sehr wie die Stille. Du
musst nur darauf achten. Werd dir selbst während eines Gesprächs
der Lücken zwischen den Wörtern bewusst, der kurzen stillen
Zwischenräume zwischen den Sätzen. Dabei wird die Dimension von
Stille in dir wachsen. Du kannst nicht auf die Stille achten, ohne
auch innerlich still zu werden. Stille außen, Stille innen. Du bist
in das Unmanifeste eingetreten.
aus Eckhart Tolle "Jetzt"
Der
Durchgang durch die große Stille
Nun
geht es durch das Felsentor hinaus in jene nächtlich tiefe
Einsamkeit des Wassers, in der die Wege enden. Was dich geführt hat,
bleibt zurück und gib dich frei. Der Engel schweigt. Es schweigt das
Meer. Die Sterne sind verhüllt - du bist allein. Das einzige zählt
in dieser todesgroßen Stille, was alle Prüfungen überdauert, ist
Demut. In ihr erlischt die Furcht. Das Wasser weicht - es öffnet
sich ein schmaler, nie begangener Fahrt, so viel dein Fuß für jeden
nächsten Schritt bedarf und das ist alles, was du dir von dieser
Stunde, von Augenblick so Augenblick erbitten sollst. Im Zeichen des
Gekreuzigten durchwanderst du die Mitternacht, die Meerestiefe aller
Welt. Er wird es sein in erster Morgenfrühe, der dich erwartet, der
am neuen Ufer steht: der Auferstandene wird dir entgegenkommen.
Roswitha Bril - Jäger
Die
Stille ist die Schwester des Göttlichen
Die Stille ist die Schwester des Göttlichen. Meister Eckhart sagte, es gebe nichts auf der Welt, was Gott so sehr ähnelt wie die Stille. Die Stille ist eine große Freundin der Seele - sie enthüllt die Schätze unserer Einsamkeit. Es ist sehr schwierig, diese Qualität der inneren Stille zu erreichen. Wir müssen ihr zuallererst Raum schaffen, damit Sie die Möglichkeit hat, ihr Werk an uns zu vollbringen. In gewissen Sinne können wir auf das ganze Arsenal und technische Vokabular der verschiedenen therapeutischen Ansätze, psychologischen Schulen und spirituellen Programme ohne Weiteres verzichten. Sofern wir unserer Einsamkeit Vertrauen und eine positive Erwartungshaltung entgegenbringen, wird uns alles, was wir an Wissen benötigen, zur rechten Zeit offenbart werden. Der französische Lyriker Rene Char hat das mit sehr treffenden und schönen Worten formuliert: "Inbrunst ist still - ihr Bildnis ist es nicht./ Ich liebe alles was mich blendet und dann die Dunkelheit in mir hervorhebt." Hier erhalten wir ein Bild von der Stille als derjenigen Kraft, welche die verborgene Tiefe aufdeckt. Eine der Aufgaben wahre Freundschaft ist, mitfühlend und schöpferisch auf die verborgenen Stillen zu lauschen. Oftmals werden Geheimnisse nicht durch Worte offenbart - sie liegen eher im Schweigen zwischen den Wörtern versteckt oder in der Tiefe dessen, was zwischen zwei Menschen an Unsagbarem schwebt. In unserem heutigen Leben herrscht ein manischer Drang nach Ausdruck. Nicht selten aber ist das, was dann zum Ausdruck gebracht wird, oberflächlich und unendlich abgedroschen. Wir müssen lernen, mehr Toleranz für die Stille aufzubringen, für die fruchtbare Stille, das Schweigen, dass die Quelle für unsere am stärksten mit schwingende Sprache ist. Die Tiefe und Beschaffenheit eine Freundschaft spiegelt sich in der Qualität und dem Schutz der Stille wider, die zwischen zwei Menschen herrscht. Eines der ersten Dinge, die uns auffallen, sobald wir beginnen, uns mit unserer inneren Stille anzufreunden, ist das oberflächlich Geschwätz, dass sich in der äußeren Schicht unseres Geistes abspielt. Sobald uns dies bewusst wird, vertieft sich die Stille. Wir erkennen mit immer größerer Deutlichkeit den Unterschied zwischen den verschiedenen Selbstbildern, die wir von uns haben, und unsere eigentlichen, wahren tieferen Natur. Oft genug hat ein Großteil unseres sogenannten "seelischen Konflikte" in Wirklichkeit nichts mit unserer wahren oder Natur, unserer Seele, zu tun, sondern betrifft einzig die falschen Oberflächenkonstrukte, die wir in unserem Bewusstsein aufbauen. Damit drängen wir uns selbst in die Notwendigkeit, eine Grammatik oder Geometrie der zwischen diesen Konstrukten wirkenden wechselseitigen Beziehungen zu erarbeiten. Unterdessen bleibt unser tiefstes Wesen unbeachtet.
Aus „ Anam Cara“ von John Donohue
" Es gibt zwei Arten von Stille", sagte Kaspar," so kam es mir jedenfalls immer vor. Die hohe Stille, die hinter dem Gebet. Die Stille, wenn man dem Göttlichen nahe ist Die Stille, welche die verdichtete, Ungeborene Anwesenheit allen Nichts ist. Und dann gibt es die andere Stille. Hoffnungslos weit entfernt von Gott. Und von anderen Menschen. Die Stelle der Abwesenheit. Die Stille der Einsamkeit. "
aus „Das stille Mädchen“ von Peter Hoeg

Eine
Auswahl eigener Gedichte
Gewählt
habe ich mir
die Einsamkeit
am Meer.
Ein tiefer Atemzug
Licht,
wie ein
Wellenschlag
zart an
den Rand
der Seele.
Ein stilles
leises Glück
flutet
in mich ein
zieht sich zurück
kommt wieder
erfüllt mich
sanft
in
rhythmischer Bewegung
wie ein lang ersehntes
Wort.
In Stille gehüllt
halb im Traum
versunken
haucht mir ein warmer
Wind
sanft streichelnd
über den Körper.
Nackt
bin ich Eins
mit Sand Meer Wind Licht
atme
Ruhe
tief in mich ein
im Herz
des Augenblicks.
Der Wind
hält
seinen Atem an.
Kaum ein Halm
der sich rührt -
kein Ton erklingt.
In der Seele wächst
aus der Stille
ein Sturm
inneren Friedens.
Ein
stilles Lebensglück
hüllt mich ein
in Wärme
und Wind.
Stille
ein flüchtiger Ton
das Brummen einer Fliege
naht
IST
vergeht
in der
Stille
Es wächst
ein Bild in die Stille
golddurchflutet
Lichtfäden
auf Sand gemalt
ein abklingender
Farbenrausch
über dem rhythmischen
Spiel
der Wellen
im letzten
Strahl der Sonne.
Sonnenuntergang
Einsam wandre ich
über die grosse Weite
der Sonne entgegen
die sich in
stiller Bewegung
dem Horizont
entgegen neigt.
Es wandelt sich das
Licht,
dem kommenden Dunkel
zugewandt
im letzten Atem
des Tages.
Der Moment
eingetaucht
in farbkräftige
Schönheit
die sich
wie ein Strahlenmeer
in die
stille Atmung
der
hingegebenen Seele
ergießt.
Licht,
der Sichtbarkeit
entzogen,
doch schon bald
im Inneren
aufgehend
im
Nachklang.
Erfüllende
Einsamkeit
Vor dem Horizont
Stille
aus der ein Ton in dir
erklingt
einig mit den Stimmen
der sich um dich
wölbenden Weiten -
zart
ein warmer Hauch
ein Moment
der tiefsten
schönsten Einsamkeit
als würde sich
die Welt
in den Kelch
deiner Hingabe
erfrischend
ergießen.
Es ist
als hätte der
Schnee
alle Geräusche
eingeatmet
und
in
Licht
gewandelt.
Sie fallen
fallen
weise Flocken
leicht
sie fallen -
Sterne
Kristalle
geboren
in der Höhe
aus der Stille
geschöpft
fallen sie
vom Himmel herab
und senken sich
wie ein zarter Klang
Licht
mit heilender
Gebärde
in den offenen
Atem
der
Seele
Landschaft.
Winter
Verwandelt
die Welt
in stilles Licht.
Alles Weis,
als hätte sich
ein kristallenes
Tuch
wie von
Zauberhand geführt
auf die
Gärten gelegt
die Wälder, Flüsse und
Seen.
Besänftigt
der Städte Grau,
beruhigt die
Getriebenen
Es hebt sich
im erhabenen Moment
ein tiefes Leuchten
in der
Seelen
andächtiges
Lauschen.
